Obere Mühle

„Zwei Äugle zwischen zwei Bick“

Gelungener Stilmix

Am Ufer der Ostrach in Bad Hindelang beherbergen die Bauten der historischen „Oberen Mühle“ aus dem 15. Jahrhundert neben einem Heimatmuseum auch ein Restaurant in der originalen Stube aus dem 17. Jahrhundert. Ein zum Hotel umgebautes Nachbarhaus aus den Achtzigerjahren sollte vor einiger Zeit erweitert werden, wurde allerdings während der Bauarbeiten durch einen Brand vollständig zerstört. An seiner Stelle errichteten Egger Kolb Architekten aus Stuttgart einen Neubau mit Ferienwohnungen und folgten in den Abmessungen dabei den ursprünglichen Hotelplanungen, denn Baugrube, Bodenplatte und Betonfertigteilwände für das Untergeschoss waren bereits errichtet gewesen.

Anzahl Wohneinheiten6
Wohnfläche935 m²
StanortBad Hindelang (D)
ArchitekturEgger Kolb Architekten
BauherrinUrsula Egger-Rohrmoser
Award-KategorieLändlicher Raum
PlanungsbüroEgger Kolb Architekten
Zum Profil
FotografieRoland Halbe, Thomas Bloch
Alpenländische Architektur ohne Kitsch.

Wieland Egger

Der zweigeschossige Holzhybridbau mit sechs Wohneinheiten greift den Vorgaben entsprechend ortstypische Bauformen auf, das traditionelle Allgäuer Haus dabei zeitgemäß interpretierend. So verbirgt sich an der Nordfassade zur Straße hin neben halboffenen Balkonen der Eingangsbereich hinter einem vorgelagerten Holzschirm. Vertraut wirkt die Schindelverkleidung an den Giebelseiten, ebenso wie die Proportionen der Fenster samt Läden. Auch an der Südseite finden sich die unbehandelten Fichtenholzschindeln wieder. Es ist aber die umgebende Landschaft, die das Gebäude prägt: Über alle Geschosse hinweg tritt es mit großzügiger Verglasung und durchgehenden Balkonen in einen erlebbaren Dialog mit der Natur. Die Herausforderung des tiefen Baukörpers lag in der inneren Organisation und der damit verbundenen ausreichenden Belichtung. Dazu verzichteten die Architekten weitgehend auf Flurzonen, schräg gestellte Innenwände öffnen stattdessen die Räume und lenken den Schritt. Wenngleich als Ferienapartments geplant, können die 65 bis 130 Quadratmeter großen und barrierefrei erschließbaren Wohnungen zukünftig ebenso zur langfristigen Miete angeboten werden. Auch im Inneren entwickeln die Architekten Elemente des Allgäuer Hauses weiter: Dazu gehören der zentrale Ofen, Wandvertäfelungen wie auch Eckbänke und Esstische, überwiegend von ortsansässigen Handwerksfirmen mit Materialien aus der Umgebung ausgeführt. Die originalen 150 Jahre alten Täferdecken im Küchenbereich des Erdgeschosses dagegen stammen aus dem Antiquitätenfundus der Bauherren – eine Reminiszenz an alte Bauernstuben. Nicht zuletzt zitiert die Fassade das Merkmal der einstigen Sägemühle und verwebt so die Zeitschichten miteinander. Die historische Hausmarke besteht aus zwei übereinanderliegenden Dreiecken, gerahmt von zwei senkrechten Balken, „Zwei Äugle gegeneinander zwischen zwei Bick grad“.

Impressionen