Oberschätzlhaus

Lichtspiele

Gars am Inn, ein Markt mit derzeit rund 3.900 Einwohnern, liegt mit seinem Marktplatz auf einer Terrasse hoch über dem Inn.

Hier, an dieser prominenten Adresse, entkernte der Vorbesitzer das letzte noch verbliebene Einzeldenkmal „Oberschätzlhaus“ innen so radikal, dass es abgebrochen werden musste und das Grundstück jahrelang brachlag. Schließlich erwarb die Gemeinde das Grundstück und schloss die Baulücke im historischen Ortskern mithilfe eines Förderprogramms zur Schaffung von angemessenem und bezahlbarem Wohnraum. Seitens der Denkmalbehörde lautete die Vorgabe, ein Haus zu errichten, das dem Profil des Vorgängerbaus möglichst ähnlich ist. Das neue Gebäude von ARIS Architekten greift daher die geforderte ortstypische Bauweise mit ziegelgedecktem Satteldach und giebelständiger Putzfassade auf, interpretiert sie aber feinsinnig neu. Erst auf den zweiten Blick erkennbar, zeigen sich zeitgemäße Details. Die Eingänge sind zurückversetzt und schaffen Distanz zum öffentlichen Raum.

Anzahl Wohneinheiten 6
Wohnfläche348 m²
StandortGars am Inn (D)
ArchitekturARIS Architekten – Anglhuber und Reithmeier PartGmbB
BauherrschaftMarkt Gars a. Inn
Award-KategorieNachverdichtung
PlanungsbüroARIS Architekten - Anglhuber und Reithmeier PartGmbB
Zum Profil
FotografieJosef Anglhuber
Wir wollten ruhig und bescheiden Alt und Neu verschmelzen lassen.

Josef Anglhuber

Ein durchdachter Grundriss kompensiert die beengte Lage zwischen den Grundstücksgrenzen und den Brandwänden der Nachbarn. Über das Erdgeschoss barrierefrei erreichbar, kommen die unterschiedlich großen Wohnungen nahezu ohne Verkehrsflächen aus. Trotz ihrer kompakten Größe hat jede Wohneinheit im Obergeschoss eine Loggia oder einen Balkon. Dem Tageslicht kommt bei diesem Entwurf eine besondere Bedeutung zu: Der in den Inn- Salzach-Städten so typische Lichthof ermöglicht in allen sechs Wohnungen eine großzügige Belichtung und schafft zugleich individuelle Freiräume im Erdgeschoss. Zudem sind die innenliegenden Bäder im ersten Obergeschoss über Lichtschächte bis zum Dach natürlich belichtet und belüftet. Und nicht zuletzt fällt über das große Treppenauge das Licht vom Dach bis ins Erdgeschoss. Das reduzierte Materialkonzept mit verputzten Ziegelwänden – außen mit rauem Rieselwurfputz und innen glatt –, Holz für Böden, Fenster und Sonnenschutz sowie Naturstein im Treppenhaus verleihen dem Haus innen wie außen ein ruhiges, zurückhaltendes Erscheinungsbild. Als gestalterisches Element und Reminiszenz an den Vorgängerbau zeichnet sich die historische Kommunwand an der westlichen Grenze im Inneren ab. Sie ist bewusst in das Raumkonzept integriert: zeitgemäßes, aber auch der Geschichte Respekt zollendes Wohnen in historischer Umgebung. Im neuen „Oberschätzlhaus“ in Gars konnte trotz scheinbar beengter Verhältnisse im Ortskern moderner und kostengünstiger Wohnraum mit kurzen Wegen und sozialer Nähe geschaffen werden. Es lohnt sich, nach Chancen der Innenentwicklung zu suchen und diese zu nutzen.

Impressionen