Casa Lucciola

Steinlandschaften

Rustici im Einklang mit der Natur

Vor über 700 Jahren entstand an den Steilhängen des Tessiner Verzascatals die kleine Siedlung Corippo. Heute unter Denkmalschutz stehend, ist das Dorf dank der Anordnung und Gestalt der typischen Steinhäuser mit Steinplattendächern wie auch durch die Struktur der Wege und Gassen ein Zeugnis der jahrhundertealten Bautradition des Tessins. Im Rahmen des Europäischen Denkmalschutzjahrs 1975 wählten der Bund und der Kanton Tessin die historische Siedlung aus, um sie durch besondere Maßnahmen zu erhalten und wiederzubeleben.

Anzahl Wohneinheiten2
Wohnfläche 60 m²
StandortCorippo (CH)
ArchitekturRafael Schmid Architekten AG
Bauherrschaftprivat
Award-KategorieRevitalisierung
PlanungsbüroRafael Schmid Architekten AG
Zum Profil
FotografieRafael Schmid Architekten AG
Un pizzico di fortuna.

Rafael Schmid

Nur wenige Gehminuten vom Dorf entfernt liegt die „Casa Lucciola“, entstanden aus zwei Rustici, die Rafael Schmid Architekten hier in den Bergen umbauten, mit Blick in die Weite und vom stetigen Rauschen des wilden Flusses in unmittelbarer Nähe umgeben. Die beiden 1850 errichteten und heute als Rustici bezeichneten Bauten dienten einst der landwirtschaftlichen Nutzung als Stall und Heuschober für die hochgelegenen Bergweiden. Geschichtete Granitsteine, ein Trockenmauerwerk ohne Mörtel: Dieses vertraute Bild der historischen Bauten wollten die Architekten erhalten, für die Ausführung wurden daher nur Handwerker aus dem Verzascatal und mit Fachwissen von den traditionellen Bauweisen beauftragt. Ebenso begleiteten die Tessiner Behörden das Bauvorhaben, zumal auch die beiden Rustici unter Denkmalschutz stehen. Der Innenausbau mit überwiegend Fichtenholz- Dreischichtplatten kontrastiert zur traditionellen Gebäudehülle aus Stein, greift als günstiges Baumaterial aber die Qualität des Einfachen und Schlichten auf, jeder freie Winkel wurde hier im Inneren als Stauraum genutzt. Besonderes Augenmerk galt auch dem technischen Ausbau. Um ein nachhaltiges Wohnen im Einklang mit der Natur zu erreichen, sollen die einst weder mit Elektrizität, Wasser oder Gas versorgten Gebäude nun ganzjährig autark funktionieren: Strom wird über Solarpaneele erzeugt und zwischengespeichert, der Holzofen gibt über Speicherelemente die erzeugte Wärme kontinuierlich an den Raum ab. Eine oberhalb gelegene unterirdische Zisterne versorgt die Häuser mit Wasser aus dem Bergbach, das mittels UV-Filter aufbereitet auch als Trinkwasser genutzt werden kann. Eine vollbiologische, selbstreinigende Kleinkläranlage ergänzt das Konzept. In Anbetracht der Diskussion, wie das landwirtschaftliche und gebaute Erbe im Tessin zu pflegen ist und dennoch eine Wiederbelebung abgelegener Dörfer durch Umnutzung möglich wird, zählt die „Casa Lucciola“ zu den gelungenen Beispielen: Reduziert auf das Wesentliche, erinnert sie an die schlichten Verhältnisse, die das Leben in den Bergen über Jahrhunderte bestimmten.

Impressionen